1) Liebe Marina, wie bist du zu dem geworden, was du jetzt bist? Was waren deine wichtigsten
Karrierestationen?
Ursprünglich wollte ich einen vollkommen anderen Beruf ergreifen. Während meines Studiums habe ich in Restaurants gejobbt, um mein Taschengeld aufzubessern. Da ich von Haus aus ein sehr kommunikativer Mensch bin, fand ich immer mehr Gefallen daran im Gastgewerbe zu arbeiten. Allerdings wollte ich nicht ohne jegliche Ausbildung in diesen Beruf starten. So bin ich dann auch auf das Tourismuskolleg in Bad Gleichenberg gestoßen.
Generell kann man mit Aufmerksamkeit und Wissbegierde auf jeder seiner Karrierestationen einiges an Know How mitnehmen. Zwei meiner vorangegangenen Arbeitsplätze möchte ich daher hervorheben! Zum einen das Restaurant OHO! in Graz welches von Anita Kurz und Anna Winter geführt wird. Anita ist die Restaurantmanagerin und Anna zeichnet sich für die Küche verantwortlich. Die Beiden sind es gewesen, die mich auf Weinverkostungen mitgenommen haben, die mir das Vertrauen entgegen gebracht haben, zum ersten Mal ein Messer in der Küche zu schwingen und sich die Zeit nahmen, mir die
Feinheiten des Services näherzubringen.
Zum anderen mein Praktikum in Paris während meiner Ausbildungszeit in Bad Gleichenberg. An dieser Stelle möchte ich Hr. Josef Sorger nochmal danken, da er es gewesen ist, der mir den Kontakt hergestellt hat und ich somit die Möglichkeit hatte im Mandarin Oriental Paris im Sur Mesure par Thierry Marx zu arbeiten. Diese Gelegenheit in einem 2** dekorierten Restaurant in der Küche zu arbeiten ist unglaublich gewesen. Der Lernfaktor war enorm hoch. Hinzu kam noch, dass ich die Möglichkeit hatte hinter die Kulissen eines Luxushotels zu blicken.
2) Was sind deine 3 wichtigsten ToDo‘s?:
Momentan versuche ich der dänischen Sprache mächtig zu werden. Gestaltet sich schwieriger als gedacht 😉
3) Was liebst du an deiner Arbeit am meisten?
Oft bewirtet man Gäste, die ein Restaurant besuchen, um einen Einlass zu feiern. Wenn diese dann vollkommen zufrieden und dankbar das Lokal verlassen, weil man dazu beigetragen hat ihren besonderen Tag unvergesslich zu machen, dann ist das ein tolles Gefühl! In den Genuss zu kommen Weine zu probieren und Gerichte zu verkosten. Im Noma wird dem gesamten FOH Team vor jeder Season das komplette Menü serviert. Ein absolutes Highlight für jeden einzelnen. Außerdem die Vielseitigkeit des Berufes. Im Grunde gleicht kein Tag dem anderen.
4) Du arbeitest in einem der besten Restaurants der Welt, und viele unserer SchülerInnen und Studierende stellen sich da als erstes die Frage, wie schwer ist das „dort reinzukommen“, was muss man können, wie schaut für da der Bewerbungsprozess aus?
Also liebe Marina, wie war das genau? Und was für ein Rüstzeug, neben dem TSBG Abschluss, musstest du mitbringen?
Der Bewerbungsprozess erfolgt in zwei Schritten. Nachdem ich meine Bewerbung abgeschickt habe, bin ich kurz darauf zu einem Interview eingeladen worden, welches über Zoom stattgefunden hat und danach wurde mir angeboten im Noma eine Woche lang Probe zu arbeiten. Hierbei wird darauf geachtet inwiefern man sich in das Team einfügt, wie man mit Stress umgeht, wie man bestimmte Situationen handhabt, die Arbeitseinstellung und vieles mehr. Wahrscheinlich ist mir hierbei meine Gelassenheit zu Gute gekommen. Ich dachte, selbst wenn mir keine Anstellung angeboten wird, habe ich die Chance gehabt, in einem der weltweit besten Restaurants eine Woche lang miterleben zu dürfen, wie dort gearbeitet wird. Vorab habe ich mich über das Restaurant informiert, mich in die Kunst der Fermentation eingelesen und den Dokumentarfilm über das Noma angeschaut. Als Rüstzeug würde ich immer gute Arbeitsschuhe im Gepäck haben, einen Flaschenöffner und ein Notizbuch 🙂
5) Ein so ein Top-Restaurant muss natürlich in allen Kategorien herausragend sein, nicht nur was die hohe Kunst des Kochens betrifft. Kannst du uns ein paar andere Beispiele für die TOP Performance nennen und wie das genau im Noma gelebt wird, egal ob der Umgang mit dem Gast, das Fachwissen uvm. betrifft?
Meines Erachtens sind es die Details, auf die geachtet wird. Da es in der gehobenen Gastronomie mittlerweile viele Mitbewerber gibt ist das fast unumgänglich. Im Noma schaffen wir es mit akribischer Perfektion die ‘Guest experience’ auf ein anderes Niveau zu heben. Dies erfordert von jedem einzelnen Mitarbeiter höchste Konzentration und Aufmerksamkeit. Hinzu kommt, dass das Arbeitsklima zwischen den Kollegen und hierbei meine ich, das gesamt FOH Team und die gesamte Küchenbrigade, sehr ausgewogen ist. Dieses fast blinde Verständnis untereinander führt dazu, dass wir als Team noch bessere Arbeit am Gast leisten können. Wöchentlich gibt es Session in den Bereichen Wein, Tee, Cafe oder wir besuchen einen unserer Produktlieferanten ( Keramik, Lebensmittel,Weingläser) Es wird auf stetige Weiterbildung geachtet.
Die Naturweinszene hat in Kopenhagen schon eine beachtliche Größe. Das wird auch im Noma groß geschrieben. Somit findet man bei der Weinbegleitung und auf der Weinkarte erlesene Tropfen. Eines der Privilegien eines Top Restaurants ist es, dass WinzerInnen gelegentlich Weine exklusiv für das Restaurant produzieren. Einzigartig ist mit Sicherheit das Fermentation Labor, aus welchem die Produkte kommen, die dann Einzug ins Menü finden.
6) Dein Karriereweg seit deinem Abschluss ist jetzt schon beachtlich, aber würdest du uns vielleicht dennoch verraten, wo dich deine Lebensreise noch hinführen soll? Was sind deine nächsten Ziele und Träume?
Mein nächste Ziel ist mit Sicherheit Japan. Das ist schon ursprünglich mein Plan gewesen, bevor ich im Noma gelandet bin. Hierbei hat mir jedoch die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ebenfalls auf der Gourmet Bucket List steht Südamerika und hier speziell Peru. Ich möchte gerne im Restaurant von Pía León zu Gast sein. Da es auf diesem hohen Niveau noch immer wenige Chefköchinnen gibt, fasziniert mich ihr Werdegang sehr und vor allem möchte ich in den Genuss kommen, ihre Kreationen zu verkosten.
7) Bevor wir zum Schluss kommen, sind wir natürlich neugierig, was das mit Abstand außergewöhnlichste Erlebnis im Noma bis jetzt war?
Der Abend an dem das Noma zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde. Ein kleines Team ist nach Antwerpen geflogen und wir hatten in Kopenhagen ganz normalen Abendservice. Überall lagen Ipads um das Geschehen am Rande mitzuverfolgen und als die vorderen Plätze bekannt gegeben worden sind und es schon so etwas wie ein Vorahnung gab, den Sieg einzuheimsen, wurde sukzessive das Tempo aus dem Service genommen. Und dann die Verkündung: Platz 1 -NOMA. Alle KollegenInnen kamen aus den jeweiligen Speisesälen in die Serviceküche gerannt, das Herzstück unseres Restaurants, und haben ausgelassen gefeiert. Kompletter Servicestop!!! Unsere Sommeliers haben für jeden ein Glas Champagner eingeschenkt und wir haben darauf angestoßen. Ein unvergesslicher Moment!!!
8) Am besten lernt man bekanntlich aus den Fehlern und den Erfolgen anderer. Hast du für unsere TSBG – Family ein Beispiel für deine persönlichen Karriere-Do and Don’ts?
Für das Praktikum in Paris bin ich nicht entlohnt worden. Das bringt einen schon zum Nachdenken, ob vielleicht eine Anstellung mit Bezahlung vorteilhafter wäre. Im Nachhinein ist das eine meiner besten Entscheidungen gewesen. Ich habe wahnsinnig viel gelernt und interessante Leute getroffen. Manchmal sollte man etwas wagen. Mir ist es ebenfalls sehr wichtig zwei Tage in Folge frei zu haben. Der Erholungsfaktor ist einfach wesentlich höher. Im Noma wird laufend versucht, die Arbeitszeiten zu verbessern, damit die Angestellten mehr Zeit für ihre Familien und Freunde haben. In einer Branche in der nachts, am Wochenende und manchmal sogar an Feiertagen gearbeitet wird, ein Vorhaben, das von allen sehr begrüßt wird.