Liebe Uli, du bist von Beruf Gestalterin – so verrät es dein Firmenname. Was sind deine wichtigsten Projekte und Hauptaufgaben und was liebst du am meisten an deiner Arbeit?
Ich bin ursprünglich gelernte Floristmeisterin, habe mein kreatives Tätigkeitsfeld aber erweitert und gestalte nicht ausschließlich mit pflanzlichem Material. Das, was ich mache, beschreibt man wahrscheinlich am besten als das „Kreieren von Atmosphäre“ in den Bereichen Raumgestaltung und Dekoration. Daher kommen meine Kund*innen aus ganz unterschiedlichen Ecken. Manche führen Tourismusbetriebe und entscheiden sich für eine kompetente Begleitung bei der Entwicklung und Umsetzung eines gestalterischen Konzepts, das sie von ihren Mitbewerbern abhebt. Andere heiraten und wünschen sich eine besondere Floraldekoration für ihr Hochzeitsfest, die ihren persönlichen Lebensstil widerspiegelt. Wieder andere planen ein Fest mit mehreren hundert Gästen und suchen eine/n Gestalter*in, mit einer zündenden Idee für ein cooles Eventdesign hat und diese auch in einem vorgegebenen Zeitrahmen zuverlässig realisieren kann. Ich arbeite auch sehr eng mit Fotograf*innen, um den bestimmten Nerv und Stil einer Fotoproduktion zu treffen und diesen stilistisch umzusetzen. Meine Hauptaufgabe ist es, den Menschen zuzuhören und von diesem Punkt aus zu erforschen und zu entwickeln. Meine Gestaltungen sollen die Wünsche der Kund*innen, eine bestimmte Markenästhetik oder eine individuelle Geschäftsphilosophie visuell widerspiegeln. Das kann sehr herausfordernd und anspruchsvoll sein, braucht viel Arbeit und Energie – gleichzeitig ist dieser persönliche und künstlerische Zugang auch das, was ich am meisten an meiner Arbeit liebe.
Weshalb sollte gerade im Tourismus, in der Gastronomie und der Eventbranche Gestaltung einen besonders hohen Stellenwert haben? Welche Bereiche umfasst Dekoration und Gestaltung überhaupt?
Der Mensch ist ein „Augentier„ – er hat zwar fünf Sinne, trotzdem nimmt er fast 80 % seiner Umgebung unbewusst nur mit den Augen wahr. Simpel ausgedrückt – In einer unstimmigen Umgebung wird die durchdachteste Unternehmensphilosophie, das hochwertigste Essen, der qualitätvollste Wein, die tollste Musik, das beste Service anders wahrgenommen werden als in einem stimmigen Ambiente.
Das macht Gestaltung sowohl im Bereich des Corporate Design – also der visuellen und sprachlichen Inszenierung eines Unternehmens, als auch bei der Vermittlung einer positiven Customer Experience zu einem wesentlichen Erfolgsfakor.
Ein gutes Hotel ist ja weit mehr als ein funktionaler Aufenthaltsort, es ist ein Zuhause auf Zeit – ein durchgängiges, hochwertiges visuelles Konzept vermittelt den Gästen ein Gefühl von Harmonie, Wertschätzung und Willkommen sein.
Ein gutes Event ist immer ein ganzheitliches Gesamterlebnis – es gelingt, wenn alle Sinne angesprochen werden und emotional schlüssig miteinander verbunden werden. Was wir mit unseren Augen sehen, ist mindestens so wichtig, wie das, was wir riechen, schmecken oder hören. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Gastronomie.
Ist das Bewusstsein für Gestaltung und Design in der Tourismusbranche weitgehend vorhanden, oder muss man noch Überzeugungsarbeit leisten?
Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es gibt in der Branche Menschen, die einen sehr hochwertigen Zugang zu Ästhetik, Gestaltung und Design haben und die professionelle Gestaltung und Dekoration schätzen und um ihren Mehrwert für den Betrieb wissen. Wichtig ist, anzuerkennen, dass ein geschärfter, geschulter Blick Räume anders wahrnimmt, als es der eigene, persönliche Geschmack tut und das Professionist:innen mit diesem geschulten Blick gestalten.
Fakt ist: Gestaltung ist immer subjektiv, sie kann gefallen oder nicht. Aber es gibt einen professionellen Zugang, bei dem der persönliche Geschmack der stimmigen Atmosphäre untergeordnet wird. Für dieses Bewusstsein muss man bei manchen Kund:innen Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten.
Wenn es um Dekoration, Design und Gestaltung geht, welche Themen sollten – idealerweise – bereits in der Ausbildung angesprochen werden?
Ich halte es für essenziell, den jungen Menschen einen grundsätzlichen Ästhetikbegriff zu vermitteln. Ästhetik meint ja nicht den eigenen, persönlichen Geschmack. Sie ist die Lehre von der Wahrnehmung und vom sinnlichen Anschauen , die gewissen Gesetzmäßigkeiten folgt. Dabei beschäftigt sie sich nicht nur mit Schönheit und Harmonie, sondern mit allem, was unsere Sinne bewegt, auch mit dem Hässlichen und Unangenehmen. Als zukünftige Touristiker*innen ästhetische Sensibilität zu erwerben und über die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten von Ästhetik Bescheid zu wissen, hat einen hohen Bildungswert und ist ein Erfahrungsgewinn, der die Persönlichkeit formt. Jedes gute Schulsystem sollte seinen Schüler:innen ästhetische Bildung ermöglichen, die über die Kunsterziehung hinausgeht.
Was würdest du jungen Unternehmen empfehlen, die gerade im Aufbau sind und vielleicht noch nicht das Budget haben, um sich professionelle Hilfe im Bereich Gestaltung und Dekoration leisten zu können?
Ich denke, dass man auch hier als Unternehmen gewisse Prioritäten setzen muss. Wir bieten zum Beispiel auch nur eine Beratungsleistung an, die in einem absolut überschaubaren finanziellen Rahmen liegt. Ich bespreche mich mit den Kund*innen und erstelle dann ein Moodboard mit Stimmungsbildern, das Emotionen und Ideen visuell kommuniziert. Daran kann man sich beim Selbergestalten orientieren. Ein Bereich der gerade für junge Unternehmer interessant ist, ist das sogenannte Upstyling oder Upcycling. Das ist ein innovativer und nachhaltiger Ansatz für Kund:innen, die keinen kompletten Umbau planen können oder wollen, aber ihren visuellen Auftritt aufwerten wollen. Wir sehen uns diese Betriebe mit geschärftem Auge an und setzen behutsam und geschickt in Szene. Mit einem stimmigen Gesamtkonzept kann auch Schräges und Gebrauchtes funktionieren. Der Preis eines Artikels sagt ja nichts über die Qualität des Designs und des Gestaltens aus – teuer ist nicht automatisch gut.
Was war das bis jetzt ausgewöhnlichste Projekt, dass du kreativ begleiten durftest?
Schwierig, sich hier auf ein einziges festzulegen. Wenn man – so wie ich – schon sehr lange im gestalterischen Bereich tätig ist, dann gibt es natürlich sehr viele schöne und außergewöhnliche Projekte, die man im Lauf der Zeit umsetzen durfte. In jüngster Zeit war vielleicht die Entwicklung und Umsetzung eines floralen Konzepts für eine große Fotoproduktion in den Sacher Hotels in Wien und Salzburg eine der spannendsten Herausforderungen. Sacher ist eine Weltmarke und eines der wenigen familiengeführten Luxushotels – hier verbindet sich historische Architektur mit einer tief verwurzelte, gewachsene Gastgeberphilosophie. Für die gewünschte Modernisierung der Bildsprache war es notwendig, gestalterisch mit dem traditionellen Rahmen zu brechen, ohne vor den Kopf zu stoßen. Solche Projekte erfordern viel Fingerspitzengefühl. Was ich auch besonders spannend finde, ist der Bereich des Upstylings oder Upcyclings von Tourismusbetrieben, den ich bereits oben angesprochen habe – hier konnten wir in den letzten Jahren einige tolle Projekte umsetzen. Einer unserer Kunden ist einen sehr vertrauensvollen und mutigen Weg mit uns gegangen und wir haben eine in die Jahre gekommene Hotelbar ohne große Umbauarbeiten mit wenigen Mitteln und mit einem spektakulären Farbkonzept zu einem coolen Wohlfühlort verwandelt – die Kosten waren absolut überschaubar, das Feedback der Gäste ist gut, der Umsatz ist gestiegen … Projekt gelungen.