In die Zukunft schauen mit …. Melanie Franke
- Liebe Frau Franke, in Interviews haben Sie Ihre Wirkungsstätte, das Rogner Bad Blumau, oft als Gesamtkunstwerk bezeichnet, ein Ort, der Harmonie und Ganzheitlichkeit vermittelt. Doch zurzeit bleibt auf der ganzen Welt kein Stein auf dem anderen. Corona hat uns nach wie vor fest im Griff, die Klimakatastrophe schreitet voran uvm. Wie geht es Ihnen dabei? Schauen Sie trotz allem positiv in Richtung Zukunft?
Jede Zeit birgt etwas Positives in sich. Vielleicht hat es diese Reduktion gebraucht, um uns Menschen mehr Bewusstsein und Achtsamkeit zu schenken. Bewusstsein verbinde ich auch mit Wertschätzung und Dankbarkeit. Wertschätzung für all das was wir haben und Dankbarkeit für die Gesundheit und den Reichtum an Natur und Schönheit die uns umgeben.
- Als Direktorin eines touristischen Unternehmens müssen Sie sich laufend mit dem Wachstum beschäftigen. Immer mehr Menschen, auch UnternehmerInnen, stellen diesen permanenten Drang nach wirtschaftlichem und monetärem Wachstum in Frage. Geht es auch ohne? Wie stehen Sie dazu? Und wenn es ohne geht, in welchen Bereichen sollte man vielleicht in Zukunft auf Wachstum achten?
Wachstum ist nur dann sinnvoll, wenn das Fundament stabil und sicher ist. Stabilität generieren wir durch Qualität im Unternehmen. Damit meine ich, dass alle Prozesse und Handlungen laufend hinterfragt und verbessert werden müssen. Unternehmen ohne Qualitätsinstrumente werden es gerade jetzt in der Corona Krise und danach nicht einfach haben. Wachstum wird es nur bedingt geben. Viel wichtiger wird Entwicklung sein. Ein neues Zeitfenster wird mit neuen Bedürfnissen im Tourismus auf uns zukommen. Hier braucht es intelligente, zeitgerechte neue Entwicklungen die sich im speziellen auf die Kernthemen Umwelt, Regionalität, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit konzentrieren.
- Sie selbst sind Absolventin unserer Schule und haben eine touristische Ausbildung erlebt. Was glauben Sie, welche Inhalte sollten in der Tourismusausbildung heute vermittelt werden, um für das Morgen fit zu sein?
Die Ausbildung in Bad Gleichenberg ist top und auch immer zeitgerecht. Zukünftig wird der Schwerpunkt Digitalisierung und Qualitätsmanagement noch wichtiger und unumgänglich sein.
- Wir merken schon jetzt einen akuten Fachkräftemangel, der neben der aktuellen Krise auf dem Arbeitsmarkt Probleme bereitet. Zusätzlich werden durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz gewisse Berufsbilder in Zukunft verschwinden. Der Tourismus wird durch die menschliche Nähe vielleicht weniger betroffen sein, dennoch nehmen die Nachwuchszahlen stetig ab. Wo sollte man in der Ausbildung und in der Branche ansetzen, um auch wieder mehr junge Menschen für den Tourismus zu begeistern?
Tourismus muss zukünftig ganzheitlich betrachtet werden. Junge Menschen wollen und können sich schwer festlegen. Aus meiner Sicht würde ich speziell im Bereich der Gastronomie auch die Landwirtschaft und die Produktion integrieren. Sprich in geschlossenen Kreisläufen die Ausbildung erweitern und umfangreicher gestalten. Vielleicht ist zukünftig ein guter Restaurantfachmann auch Bauer und Metzer in einer Berufssparte. Damit könnte der Beruf noch interessanter und vielseitiger werden. Ebenso wäre dadurch eine Wertschätzung durch Wertschöpfung generiert.
- Nachhaltigkeit war seit jeher ein fixer Pfeiler im Rogner Bad Blumau. Doch wie überall gibt es sicherlich noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten. An welchen nachhaltigen Zukunftsthemen arbeiten Sie gerade im Rogner Bad Blumau?
Nachhaltigkeit spiegelt sich in unserer Philosophie des Rogner Bad Blumau seit Bestehen der Anlage wieder. „Ein Leben im Einklang mit der Natur“ bestimmt unser tägliches Handeln. Aktuell arbeiten wir gerade an einem Versuchsprojekt „Aquaponics“. Hier werden Fische und Kräuter in Thermalwasser gezüchtet. Auch steht ein weiteres Thema zur Generierung von mehr eigener Energie auf der Agenda. Die Ressource Wasser wird ein zentrales Element in den Zukunftsprojekten.
- Stichwort Mobilität: Wie werden Ihre Gäste in 10 Jahren anreisen. Wie werden Sie sich in der Region als BesucherInnen bewegen. Wo sehen Sie Möglichkeiten Lösungen und Angebote als Betrieb bzw. gemeinsam mit der Region zu schaffen?
Die Individualität wird auch noch in 10 Jahren bei unseren Gästen an Priorität haben. Eine individuelle Anreise und Bewegungsfreiheit werden auch in Zukunft wichtig sein. Etwaig wird Car-Sharing intensiver genutzt werden. Die nachhaltige Fortbewegung in Form von Elektromobilität wird zunehmen.
Als Betrieb stellen wir unseren Gästen bereits jetzt ein Abholservice mit energieeffizienten Möglichkeiten zur Verfügung. Vor Ort stehen E-Bikes, E-Mofas etc. zur Verfügung um die Region zu erkunden. Leih-E-Fahrzeuge in jeder Art, würden der Region viel nutzen und das mobile Netzwerk umweltfreundlich erweitern.
- Sehr oft wird darüber geredet, dass die Coronakrise eine Chance zur Veränderung sei. Wie stehen Sie dazu? Was sollte sich im Tourismus ändern? Wo sehen Sie akuten Handlungsbedarf?
Jede Krise birgt eine Chance in sich, wichtig ist, was wir daraus machen und lernen. Veränderungen sind gut und notwendig. Tourismus wird sich langsam neu formen müssen. Klassische Tourismusanziehungspunkte werden sich nicht mehr ausruhen können. Die Gäste von morgen suchen Außergewöhnliches, abseits von Masse und Konventionalität. Smart Tourismus, Resonanz Tourismus, Regionalität und Storytelling, werden Themen sein mit denen wir uns beschäftigen müssen. Der Mensch steht bei allem Tun im Mittelpunkt und die Persönlichkeit, sowie die Gastgeberbeziehung werden mehr denn je eine wichtige Bedeutung haben. Es gilt die Bedürfnisse unserer Gäste neu zu hinterfragen und individuelle, persönlich gestaltete, neue Urlaubserlebnisse zu kreieren. Dabei werden ehrlich gelebte Regionalität, Umweltbewusstsein, und das Element Natur wesentliche Rollen spielen.
- Die junge Generation ist durch das aktuelle Geschehen verunsichert, was ihre Zukunft angeht. Hinzukommen die erschwerten Bedingungen im Schulalltag durch Isolation, Distance Learning, Unsicherheiten bei der Matura oder bei Lehrlingen durch Kurzarbeit oder im schlimmsten Fall durch Jugendarbeitslosigkeit.
Was würden Sie den jungen Menschen raten, wie sie ihre Karriereplanung angehen sollten und wie sie es trotz allem schaffen könnten, positiv in die Zukunft zu schauen?
Die junge Generation wird aus dieser Phase langfristig einen Vorteil erkennen, welchen wir im Tourismus klar erleben werden. Ich denke gerade unsere Branche wird gefragter sein denn je, da wir durch den Verzicht auch unseren Wert wieder gesteigert haben. Essen und Trinken ist ein Grundbedürfnis und das werden die Menschen auch in Zukunft weiter haben. Gerade jetzt ist unsere Branche nach der Krise speziell im Inland und mittelfristig in Europa sehr gefragt. Wenn wir jetzt auf die eigene, hohe individuelle neue Bedürfnis-Qualität setzten, werden wir Gäste und Kunden für die nächsten Jahre gewinnen und behalten.